Karlsruher Orte der Nachhaltigkeit I: Was bedeutet Nachhaltigkeit für uns?

Der Herbst klopft an der Tür und die Konsum Global Stadtführungen verabschieden sich langsam in die Winterpause. Unsere Themenstellungen bleiben natürlich trotzdem aktueller und dringender denn je, daher verlegen wir die Stadtführungen für die nächsten Monate einfach auf unsere Homepage: Im ersten Teil der Serie stellen wir unsere Sicht auf den Begriff der Nachhaltigkeit vor.

Bei unserem letzten Seminar an einem heißen Julisamstag, haben wir gemeinsam ein neues Stadtführungsformat entworfen: „Karlsruher Orte der Nachhaltigkeit“. Was einfach klingt, hat sich dann schnell als kleine Herausforderung erwiesen: Während wir uns schnell einig waren, was wir unter „Karlsruhe“ und „Orten“ verstehen, war das beim Begriff „Nachhaltigkeit“ gar nicht so einfach. Auch in der Forschung gibt es verschiedenste Definitionen von Nachhaltigkeit, die jeweils für sich betrachtet uns schlüssig erschienen, aber nie unsere ganzheitiche Vorstellung von „Nachhaltigkeit“ widerspiegelten. Für unsere Stadtführungen haben wir daher zwei Fragestellungen beleuchtet und unsere Ergebnisse miteinander kombiniert:

Was macht einen Ort nachhaltig?


Um diese Frage zu beantworten, nutzen wir für unsere Stadtführungen das Vorrangmodell: Hierbei wird die Umwelt mit ihren natürlichen Ressourcen als Basis für gesellschaftliches Zusammenleben  gesehen, das wiederum das Wirtschaften ermöglicht. Anders gesagt, keine Wirtschaft ohne Gesellschaft und keine Gesellschaft ohne Umwelt.

Für die Wahl nachhaltiger Orte in unseren Stadtführungen bedeutet dies, dass Orte folgende Kriterien erfüllen sollten:

  • Wirtschaft: falls vorhanden, erfolgt die wirtschaftliche Nutzung des Ortes mit Respekt gegenüber der Natur und unter sozialen Gesichtspunkten, beispielsweise durch eine CO2-arme Stromerzeugung und fairen Herstellungsprozesse
  • Soziales: der Ort verbessert bzw. fördert das harmonische Zusammenleben der Menschen und ermöglicht so z.B. auch den Austausch innerhalb der Gesellschaft, unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund
  • Umwelt: der Ort ist in seine Umgebung eingebunden und ermöglicht eine langfristige Nutzung von Ressourcen, nicht nur für unsere Generation, sondern auch für die Nutzung durch unsere Kinder und Enkel

Doch was nützen nachhaltige Orte ohne Menschen, die zukunftsorientiert handeln? Dieser Fragestellung gehen wir in der handlungsorientierten Nachhaltigkeitsebene nach:

Was macht unser Handeln und unsere Entscheidungen nachhaltig?

Die drei Begriffe, die die persönliche Ebene der Nachhaltigkeit beschreiben, spannen einen Raum auf, in dem wir unsere Konsumentscheidungen einordnen können:

  • Effizienz: Kann ich Ressourcen (Wasser, Energie, Plastik…) besser nutzen, um mit weniger Ressourcen das Gleiche Ergebnis wie vorher zu erreichen? Beispiele für mehr Effizienz sind Autos mit einem geringeren Benzinverbrauch, ein Kühlschrank, der weniger Strom verbraucht oder wenn ich einen wiederbenutzbaren Becher statt dem Wegwerfbecher für meinen Coffee-to-go benutze
  • Konsistenz: Was passiert mit dem Produkt, wenn es nicht mehr zu gebrauchen ist? Konsistenz hat den Kreislauf der Umwelt zum Vorbild, in dem beispielsweise die „Abfälle“ eines Baumes, also das Laub, als Lebensgrundlage für Tiere und Insekten genutzt wird und später als nährstoffreicher Humus neuen Pflanzen Wachstum ermöglicht. Kaufe ich mir also einen recyclebare Bambusbecher für den Coffee-to-go, der wieder dem biologischen Kreislauf zugeführt werden kann, so ist meine Konsumentscheidung konsistenter als bei einem schwer biologisch abbaubaren Plastikbecher.
  • Suffizienz: Brauche ich das wirklich? Genügsamkeit – der Verzicht auf Konsum, den ich eigentlich gar nicht benötige, schont die Umwelt meist mehr als die effizienteste Alternative. Wenn sie eigentlich nicht notwendig ist, ist der Verzicht auf eine Autofahrt noch nachhaltiger als das spritsparenste Auto.

Nicht für jede Konsumentscheidung gibt es effiziente, konsistente oder suffiziente Alternativen und oft gibt es bei jeder Entscheidung, die wir machen, verschiedene Abstufungen dieser Handlungsmöglichkeiten. Daher sehen wir die persönliche Ebene der Nachhaltigkeit als  dreidimensionalen Entscheidungsraum, in dem Suffizienz, die effektivste Option zur Erreichung von Nachhaltigkeit darstellt.

Wie kommen die beiden Ebenen zusammen?

Ohne nachhaltige Orte ist die persönliche Nachhaltigkeit schwer umzusetzen. Wenn es keine Läden gibt, in denen ich effizientere und konsistentere Alternativen finde, kann ich sie nicht umsetzen.

Nachhaltigere Handlungsmöglichkeiten erschließen sich oft auch erst im Austausch mit anderen Menschen oder Experten. Auch hierfür wird in der Regel eine Plattform oder ein Forum benötigt, dass diese Menschen zusammenbringt. Andererseits müssen nachhaltigere Orte auch durch interessierte Menschen nachgefragt, initiiert und erhalten werden. Die Wechselwirkung zwischen nachhaltigen Orten und nachhaltigem Verhalten wird daher für uns durch die Kombination der beiden Ebenen repräsentiert: